Dienstag, 13. September 2011

Das passt doch vorne und hinten nicht.

Auf dem Weg zur und von der Arbeit wieder nach Hause höre ich meist Radio. Das sind pro Tag gut 2 Stunden, da bekommt man neben oft erbärmlich schlechten Musikimitaten und den immer zwei Minuten nachdem man an der letzten möglichen Ausfahrt vorbeigerauscht ist eingeschobenen Stauwarnungen natürlich auch die Nachrichten mit. Mitsamt den immer wieder auftauchenden Jubelmeldungen aus dem Ministerium für Arbeit und Haarspray. Die Wirtschaft boomt wie vom wilden Affen gebissen und wir haben einen Aufschwung, wie ihn Turnvater Jahn in seinen besten Jahren nicht hinbekommen hätte.Fast jedes Unternehmen sucht händeringend Mitarbeiter und wir sind auf dem besten Weg zur Vollbeschäftigung. Besser noch, wir haben die Vollbeschäftigung längst hinter uns gelassen und befinden uns in einer Phase der Überbeschäftigung. Auf jeden der bundesweit noch etwa 750 Arbeitslosen kommen über den Daumen gepeilt 12'000 offene Stellen. Wir müssen schon Arbeitskräfte aus dem Ausland locken, weil wir mit den paar Einheimischen schlicht nicht mehr auskommen. Wie damals, nach dem Krieg. Das reinste Wirtschaftswunder. 

Ich frage mich nur, in welchem Sand die Auswirkungen dieses Wunder verlaufen, noch bevor sie spürbar werden. Jetzt müssten doch die Bürger das Geld bündelweise in der Tasche haben, der Binnenmarkt müsste wachsen wie das Unkraut in meinem Garten und auch der Staat würde mit dem Geld nur so um sich werfen. Neue Kindergärten bauen? Straßen ausbessern? Den öffentlichen Nahverkehr ausbauen? Sollte alles kein Problem sein. Und auch mit den paar verbliebenen Arbeitslosen könnte man ganz locker umgehen. Aber ganz offensichtlich ist genau das Gegenteil der Fall. die meisten Bürger können sich entweder Brot oder Butter, nicht aber beides leisten. Auf dem Binnenmarkt ist nur bei starken Wind etwas los, wenn hin und wieder das obligatorische Tumbleweed vorbeikugelt. Kindergärten werden eher geschlossen als neu gebaut, Straßen erinnern immer mehr an Schlachtfelder aus dem 1. Weltkrieg und den öffentlichen Nahverkehr kann man in manchen Regionen nur noch im Museum bestaunen. Und an den Arbeitslosen scheint man auch durch Kürzungen und Sanktionen sparen zu wollen.

Das passt in meinen Augen nicht zusammen. Ein Wirtschaftwunder ohne Auswirkungen? Man wächst, gleichzeitig werden einem aber die Klamotten zu groß? Anscheinend wächst hier nur eines: die Nase der Person, die uns diesen ganzen Unsinn erzählt. Und das erinnert mich dann doch an etwas von kurz nach dem Krieg. Nicht an das Wirtschaftswunder, sondern an die Fresswelle. Denn was man da alles kotzen möchte, das will erst mal gefressen werden.

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