Montag, 8. Juni 2009

Kann man Musen auch einkochen?

Nein, sie gehen nicht fremd, nicht wirklich. Hin und wieder knutschen die Musen schon noch wild mit mir herum, aber trotzdem bringe ich nichts zu Papier. Beziehungsweise zu Flüssigkristall, ich habe den Gänsekiel ja nun auch schon vor geraumer Zeit gegen einen modernen Rechenknecht eingetauscht. Aber es will und will nicht. Würde ich nicht hin und wieder mit meinen Graphikprogrammen herumpinseln, würde ich überhaupt nichts auf die Ketten bringen, was mit Kreativität zu tun hat. Da fällt mir ein, ich brauche mal wieder ein neues Wallpaper.

Aber zurück zum Thema, meiner Schreiberei. Besser gesagt, ihrer Abwesenheit. Ich mache mal eine innere Bestandsaufnahme, mal sehen ob man die Sache irgendwie einkreisen kann.

-) Ideen: daran mangelt es nicht. Mir fällt eigentlich so viel Unsinn ein, da sollte ich kaum mit dem Abtippen nachkommen. Von der Seite aus ist alles in Ordnung. Mal abgesehen davon, daß ich am liebsten jede meiner Ideen sofort umgesetzt sehen will, am liebsten schon vorgestern.

-) Zeit: manchmal knapp, aber im Großen und Ganzen reicht die aus. Ein paar Stunden nach Feierabend könnte ich eigentlich jeden Tag abzwacken, großartige gesellschaftliche Verpflichtungen hat man als Vereinsabstinenzler ja nicht. Ich bastle zwar hin und wieder mit einer für mich wirklich erstaunlichen Geduld an einem Fantasyprojekt, aber das nimmt auch nicht so viel Zeit in Anspruch, ein paar Stunden im Monat, mehr ist das nicht. Hier ist auch alles im grünen Bereich.

-) Lust: oh...da geht der Ärger los. Es ist nicht so, daß ich keine Lust hätte. Wenn es läuft, schreibe ich gern. Aber dazu muss ich in der passenden Stimmung sein. Und an der hapert es derzeit massiv. Das liegt einerseits natürlich daran, daß wir derzeit einen schweren Krankheitsfall in der Familie haben, sowas schlägt aufs Gemüt. Auch daß mein Vertrag bald ausläuft und ich nicht weiß, wie es in ein paar Monaten jobmässig aussieht, stört da. Ständig negative Gedanken sind nicht gut. Besonders bei mir, wo schon Kleinigkeiten reichen. Ernsthaft, wenn ich im Bad bin, jemand ruft an und ich flitze wie von der Tarantel gestochen zum Telefon um gerade noch mitzubekommen, wie der Anrufer auflegt, da ist der Tag für mich gelaufen. Nicht, daß ich mich darüber besonders lange oder intensiv ärgern würde, aber in Schreibstimmung komme ich an dem Tag nicht mehr. Das ist ein heftiges Problem.

-) Ruhe: die hätte ich grundsätzlich schon. Aber ich brauche eine besondere Ruhe. Hier bin ich ein wirklich schwieriger Mensch, da ich je nach Tätigkeit völlig unterschiedlich mit Störungen und Publikum umgehe. Während ich zeichne, mag ich kleinere Störungen. Ich kann sofort meine Fortschritte zeigen, am liebsten hätte ich da permanent jemanden, der mir über die Schulter sieht. Wenn's geht mit andächtigem Staunen, ohne geht aber auch. So ein Graphiktalent bin ich nun auch wieder nicht. Aber wenn ich schreibe, dann bekomme ich Fußpilz, wenn nur jemand in die Nähe meines Monitors kommt. Erstens bringt er mich aus dem Fluß, und zweitens könnte er sehen, was ich bisher geschrieben habe. Das kann ich aber auf den Tod nicht ausstehen, Texte von mir dürfen nur dann gelesen werden, wenn sie zumindest als Abschnitte fertig sind. Rohfassungen sind absolut tabu für meine Umwelt. Ganz schlimm ist, wenn man mir während der Tipperei über die Schulter sieht. Da könnte ich ausrasten. Selbst bei meiner Jane, die sich wirklich mit mir freut, wenn die Buchstaben aus der Tastatur purzeln und die mich kennt wie ihre Handtasche. Nur besser, welche Frau findet sich schon in ihrer Handtasche zurecht? Das ist wirklich ein arges Problem, ich kann mich ja schlecht in einen Tresor einsperren, oder?

-) Perfektionismus: sicher, niemand will Schrott abliefern. Von ein paar Leuten mal abgesehen, denen es nur um Profit geht. Oder die einfach nur sehen wollen, daß zusammengestammelte Textfragmente von beeindruckender Sinnlosigkeit irgendwo veröffentlicht sind und theoretisch von irgendwem quergelesen werden könnten. Bei mir ist es anders, ich bin was meine Texte angeht ein Perfektionist. Was soweit geht, daß ich eine gute Idee habe, sie weiter ausarbeite, schreibe und mich irgendwann an ein paar Formulierungen stoße. Oder einem holperigen Übergang zwischen zwei Kapiteln. Dann fange ich an zu feilen, bis mir der Text nicht mehr organisch vorkommt. Er ist nicht mehr wie aus einem Stück gegossen, sondern wirkt zumindest auf mich wie ein gewaltsam zusammengekleistertes Puzzle. Natürlich gefällt mir dann der komplette Text nicht mehr und die an sich gute Idee verfolge ich auch nicht weiter. Weil ich schon zuviel Zeit an sie vergeudet habe, weil sie "besudelt" ist durch den ersten Text, an dem vielleicht ein oder zwei Sätze nicht ganz so toll waren. Das ist ein richtig böses Problem.

Die Frage ist nur, was mache ich dagegen? Was machen andere? Haben die solche Probleme nicht? Oder haben sie eine Lösung dafür gefunden? Lieber Leser, was machst du in so einem Fall?

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