Sonntag, 20. September 2009

Und alle so:"Terror!"

Ja, ich weiß. Ich tue es schon wieder. Aber wat mutt, dat mutt. Als Zeilenschinder fühle ich mich in einer Art Bringschuld. Was hier zum Teil durch die Medien geht, das kann und möchte ich nicht einfach unkommentiert stehenlassen. Es geht um den Flashmob in Hamburg, um die ironische Zustimmung zu allem, was unsere Bundesmerkel von sich gab. Da wird von Terror schwadroniert, die Flashmobber werden als pubertäre Kellerkinder aka Nerds hingestellt und schuld ist natürlich mal wieder die Piratenpartei. Sie wissen schon, diese Bruderschaft von Kinderschändern und Raubmordkopierern. Dabei war dieser Flashmob keine Aktion der Piratenpartei, aber was spielt das schon für eine Rolle. Wenn eine neue Partei auftaucht, den etablierten Parteien frech Marktanteile stibitzt und sich auch noch in Bereichen wie neue Medien oder Bürgerrechten engagiert, allesamt böhmische Dörfer für die sogenannten Volksparteien, da tritt schon mal ein unkontrollierter Beißreflex auf.

Aber was war das jetzt für eine unsinnige, hirnlose, undemokratische und flegelhafte Aktion? An sich war es genau das, was unsere Volksvertreter möchten. Sie reden und das Volk stimmt begeistert zu. Egal, welcher Schwachsinn da gerade abgesondert wird, Zustimmung muß sein. Immer nur am vor Wut knurrenden Volk vorbeiregieren ist eben doch nicht abendfüllend. Und es knurrt, das Volk. Es knurrte schon lange, nur lange hörte man nichts davon. Weil es kein gemeinsames Knurren war. Erst durch das Internet, erst durch die Möglichkeit, seine eigene Meinung schnell und einfach einem breiten Publikum kund zu tun und Gleichgesinnte zu finden, wird gemeinsam geknurrt. Und wenn ein Volk gemeinsam knurrt, wird es gefährlich. Das war 1524 so, auch 1775, 1789, 1848 und 1989 war es nicht anders. Es wurde gemeinsam geknurrt, auch gebissen und unabhängig vom Ergebnis mussten "die da oben" um ihre bequemen Sessel fürchten. Aber in Hamburg wurde nicht geknurrt, es wurde gejubelt. Wie das?

Ganz einfach, das Gejubel war nicht ernst gemeint. Es war der ironische Ausdruck dessen, was beim Volk ankommt. Nämlich, daß man sich in der Politik einen feuchten Kehricht darum schert, was das Volk braucht und möchte. Je mehr die Politik das ignoriert, was den kleinen Mann bewegt, desto mehr wird sie als eine Ansammlung arroganter Spitzenverdiener gesehen, die sich gebärden wie Feudalherrscher von Gottes Gnaden. Dabei rede ich keineswegs davon, jedem Bürger jeden Wunsch von den Lippen abzulesen und stande pede auch zu erfüllen. Man muß auch unpopuläre Entscheidungen treffen, um langfristig zu einem für alle positiven Ergebnis zu kommen. Aber, man muß solche Entscheidungen auch erklären. Und man muß bereit sein, dies sachlich und ehrlich zu tun. Und überzeugend. Der Bürger soll überzeugt werden. Nicht überredet, nicht belogen, nicht bedroht. Einfach nur überzeugt. Zum Beispiel hätte man mal ganz sachlich und ehrlich erklären können, wieso man eine Vorratsdatenspeicherung haben möchte. Oder das Gesetz zur Schaffung einer Zensurinfrastruktur. Oder warum das Abmahnunwesen nicht eingeschränkt werden darf. Oder warum Deutschland das Schlußlicht in Europa sein muß, was die Entwicklung der Reallöhne angeht. Oder warum immer mehr Deutsche in ihrer Heimat keine Zukunft mehr sehen sollen. Oder warum Computerspiele an allem Schuld sein sollen, was kriminelle oder verzweifelte Jugendliche anstellen. Und wenn man die Bürger davon nicht überzeugen kann, sollte man mal seine Position überdenken. Hat der Gegner die besseren Argumente, sollte das Anlass sein, den eigenen Standpunkt zu überdenken. Niemand verlangt von einem Politiker, daß er ein Experte auf allen Gebieten ist. Aber man darf durchaus von ihm erwarten, daß er den Rat entsprechender Experten nicht wie Wasser von sich abperlen lässt. Ich habe meine Meinung, bitte verwirren sie mich nicht mit Fakten. Genau das scheint das Motto unserer Politiker zu sein. Und genau dem haben die Flashmobber Rechnung getragen. Nachdem Vorschläge, Hinweise, Petitionen und Hilfsangebote schlicht ignoriert und weiter auf der vorgefassten Meinung beharrt wurde, wird eben nicht mehr diskutiert. Das hat bisher nichts gebracht, das bringt heute nichts, das wird morgen nichts bringen. Also zeigt man seine Unzufriedenheit auf die einzig sinnvolle Weise: mit ironischer Zustimmung. Egal was das Bundesmerkel von sich gibt, es geht im Jubel unter. Im Jubel des Volkes. Des Souveräns. Ihres Arbeitgebers. Der ihr damit seinen Unmut bekundet. So wird aus jedem Yeaahh! eine fristlose Kündigung.

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