Dienstag, 18. August 2009

Kommt nur mir das so vor?

Gelegentlich habe ich das Gefühl, man hält die Zweitstimme für völlig unwichtig. Die Erststimme, ja die ist wichtig. Mit der wählt man, wer letztendlich im Bundestag herumsitzt und gelegentlich in furchtbarem Kauderwelsch von Dingen spricht, die er nicht versteht. Die Zweitstimme dagegen ist unwichtig, zweitrangig. Zweite Wahl. Da kann man sein Kreuz egal wo machen, das wirkt sich sowieso nicht aus.

Weit gefehlt, die scheinbar minderwertige Zweitstimme ist deutlich wichtiger als die an sich eher nutzlose Erststimme. Das könnte man in wenigen kurzen Sätzen erklären, wäre unser Wahlsystem nicht so unnötig kompliziert. Daher braucht man mehrere, zum Teil längere Sätze. Und selbst dann kann es falsch sein. Immerhin bin ich kein Politologe.

Mit der Erststimme wählt man direkt den Kandidaten aus seinem Wahlkreis. Wer im Wahlkreis die meisten Stimmen hat, der fährt nach Berlin. Die Hälfte der Sitze im Bundestag werden über diese Direktmandate vergeben.

Mit der Zweitstimme wählt man die Partei. Die zweite Hälfte der Bundestagssitze wird nach dem Verhältnis der erhaltenen Zweitstimmen verteilt. Auf diese Weise kann man sicherstellen, daß auch kleinere Parteien, die keine oder wenig Chancen auf ein Direktmandat haben, trotzdem im Bundestag vertreten sind. Die Zweitstimme ist also effektiv die ausschlaggebende Stimme, wenn man auch seine favorisierte Kleinpartei im Bundestag vertreten sehen möchte.

So weit, so einfach. Es gibt aber einige Sonderregeln, die die Sache herrlich kompliziert machen. Zunächst wäre da die 5% Hürde. Eine Partei, die zumindest einen Vertreter in den Bundestag schicken möchte, muß mindestens 5% der Zweitstimmen bekommen. Schafft sie das nicht, wird sie bei der Vergabe der Sitze nicht berücksichtigt. Außer, auch hier gibt es natürlich eine Ausnahme, sie hat mindestens drei Direktmandate errungen. Dann bekommt sie auch eine Anzahl an Sitzen, die dem Verhältnis der erhaltenen Zweitstimmen entspricht. Wären 200 Sitze zu vergeben, und die Partei hätte 4% der Zweitstimmen erhalten, würde sie also 8 Sitze bekommen. Mit den 3 Direktmandaten wären es also 11 Sitze.

Eine weitere Sonderregel betrifft die sogenannten Überhangmandate. Wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erhält, als sie Sitze durch die erhaltenen Zweitstimmen bekommt, so werden die "überzähligen" Sitze zu sogenannten Überhangmandaten. Diese werden durch die Partei besetzt und erhöhen die Zahl der Abgeordneten. Gäbe es 100 Sitze und eine Partei hat 30 Direktmandate, dürfte aber aufgrund der Zweitstimmen nur 25 Sitze erhalten, so erhält die Partei trotzdem 30 Sitze und die Gesamtzahl der Sitze wird auf 105 aufgestockt. Das bietet leider Raum für allerhand taktische Spielereien, die so sicher nicht beabsichtigt waren.

Eine Änderung wäre hier dringend nötig; der Einfachheit halber sollte man die Erststimme abschaffen und die 5% Hürde auf 2% heruntersetzen, um neue Ideen und frischen Wind zuzulassen. Aber bis dahin sollten wir im Hinterkopf behalten, daß hauptsächlich die Zweitstimme zählt und nicht die Erststimme.

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